Hier möchte ich mal etwas näher erläutern wie man es schaffen kann, als Exchange-Student in die USA zu kommen.

Vorausschicken muss ich, dass wir seit mehreren Jahren mit einer Familie in Rapid City befreundet sind (Sean und Kari), die wir im Rahmen des Städtepartnerschaftsprogramms kennenlernten. Zwischenzeitlich waren meine Eltern schon mehrfach dort und sind auch deren Trauzeugen. Die beiden besuchten uns im Gegenzug ebenfalls mehrmals. Zuletzt haben sie meinen Eltern angeboten, dass ich gerne bei ihnen ein Jahr wohnen könnte wenn ich vorhätte, ein Austauschjahr in den USA zu absolvieren.

Die Armen haben bestimmt nicht geahnt was da noch auf sie zukommt  :-)

Aber nun zum eigentlichen Prozedere:                                            Nachdem wir ziemlich schnell festgestellt hatten, dass man nicht mal schnell drüben in einer Highschool anrufen, nach einem freien Platz fragen, ein Visum beantragen und dann rüberfliegn kann haben meine Eltern und ich das ganze Projekt etwas professioneller angepackt:         Wir wussten, dass der Städtepartnerschaftsverein Apolda, in dem meine Eltern seit einigen Jahren Mitglieder sind, bereits in der Vergangenheit Jugendlichen die Möglichkeit eines Schüleraustauschs geboten hatten. Nur hat sich zwischenzeitlich in den USA wieder einiges geändert, Formulare haben neue Namen, Gebühren müssen an verschiedene Stellen gezahlt werden, die Kontakte laufen nur per E-Mail und, wen wunderts, ausschließlich in Englisch... Aber Dank Frau Röppenack ging das alles gut und irgendwann waren die letzten Unklarheiten beseitigt.

Es begann zunächst am 19. April mit folgendem Formular:

Na ja, denkt man, das geht ja noch, schnell ausgefüllt und ab per E-Mail an eine unbekannte Frau namens "Jenelle Root", die uns durch Frau Röppenacks Kontakte als Ansprechpartnerin der zuständigen Austauschorganisation "ACES" vermittelt worden war.

Am gleichen Tag kam dann schon nachmittags die Rückantwort; weil sie so typisch ist für die kommenden Konversationen, hier die E-Mail:

Hello!

Thank you so much for the initial information card.                                                                       I will make sure to send it on to ACES. I also need contact information (name, email,         phone, and address) of someone outside of the family who could act as an international coordinator. Antoinette will need to complete an interview and English proficiency exam  which I will provide. Please let me know if you need a copy of the application of if you received that as well. Along with the application, please include 8 passport pictures. Don't hesitate to contact me if you have any questions. I am excited to hear that Antoinette will     be in the US for next school year.

All the Best,

Jennelle

Aaaaaah ja, alles klar!?!

Irgendwie kann man zuerst nur rauslesen dass sich da jemand freut über die Arbeit die man ihm nun die nächste Zeit machen wird, dass irgendwelche Kontaktinformationen benötigt werden, ein Interview kommt, dann noch 8 Fotos und das müsste es gewesen sein. Ist ja auch genug, was soll denn noch abgefragt werden, die haben ja schon alle Daten, die es zu mir gibt!

IRRTUM!!!

Man kann ja Daten mehrfach und dann auch immer wieder in neuen Formularen und noch weiteren zusätzlichen Dokumenten abfragen; der Erfindungsreichtum der Amerikaner ist da unglaublich!

3 Tage später gings los:

Per E-Mail kam eine PDF-Dokument mit 22 (!!!) Seiten das man öffnen, lesen und bearbeiten, aber nicht abspeichern kann; das heißt: schön alles ausdrucken, anfangen alles zu übersetzen, mit der Hand ausfüllen und dann irgendwann am Rechner wieder eingeben, feststellen dass das irgenwann nervt wenn innerhalb der 22 Seiten 9x der Name des Studenten abgefragt wird, aber irgendwann ergibt man sich in sein Schicksal und macht mit...

Auf Seite 1 dieses Dokuments sieht man, was alles zu machen ist, benötigt wird etc.

Das geht über alle möglichen Fragen zur bisherigen Schulleistung, Sportneigung, Essgewohnheiten auch zu mehrseitigen Fragebögen an den bisherigen Englischlehrer, Fragebögen für den Hausarzt, Einschätzungen der eigenen Eltern zu ihrem Kind, mehrseitigen Briefen die man an die künftigen Gasteltern schreibt bis hin zu Belehrungen was man alles nicht darf und ganz schnell dazu führen kann, dass das Programm schneller beendet ist als einem lieb ist...

Wochen später hat man dann "alles" zusammen und kann die Daten komplett per E-Mail an die freundliche Amerikanerin schicken. Zusätzlich geht das ganze Paket noch postalisch nach Washington, damit auch alles seine Ordnung hat. Außerdem wird dann noch die Gebühr für das Austauschjahr per Kreditkarte gezahlt (wie sonst, wenn man es mit den USA zu tun hat...) und dann war's das erst mal. Zu den Gebühren gibt es nicht ansatzweise eine Richtgröße, da die Kosten von vielen Faktoren abhängen, die gar nicht alle aufgezählt werden können. Aber zur Orientierung hier mal einige wichtige Punkte:

- Ist die zu besuchende Schule öffentlich oder  privat,

- arbeitet die Austauschorganisation rein kommerziell oder eher (wie in meinem Fall) halbstaatlich und in Kooperation mit Städtepartner-schaftsvereinen,

- kann man eventuell ein Stipendium oder BAFÖG bekommen,

- sind die Flugkosten und öffentlichen Gebühren für Visum bereits beinhaltet etc...

Man muss auch wissen, dass selbst bei rein privat organisiertem Aufenthalt dennoch Gebühren anfallen; dies liegt einfach daran, dass die USA zur Regulierung des Austauschschülerstromes Kosten einführte und diese von den aufnehmenden Schulen zwingend abfordert. Die Mindestkosten liegen etwa bei 2500€, die (u.U.) darüber liegende Höhe wird aber dann von der Schule selbst festgelegt.

Geht das Ganze über eine Organisation ist nach oben keine Grenze gesetzt, da kann einem schon schwindelig werden, wenn man die Kosten zum Teil liest.

Zusätzlich zu den ganzen Gebühren kommt noch das Taschengeld, das regelmäßig in einer Höhe von bis zu 250€/Monat empfohlen wird. Die Summe ist auch notwendig um vor Ort Kleidung, Schulessen, Telefongebühren etc. bezahlen zu können.

Die Gasteltern erhalten in der Regel überhaupt nichts, in den meisten Fällen ist es so, dass diese sich uneigennützig zur Verfügung stellen und auch stolz sind "ihren" deutschen Austauschschüler zu haben (das bringt nämlich allgemeine Anerkennung und Wertschätzung und hebt in gewisser Weise den sozialen Status...

Was auf keinen Fall gern gesehen oder sogar (wie leider auch in meinem Fall) strikt untersagt wird, ist der Besuch durch Freunde und Familie bzw. ein Besuch zu Hause während des 10-monatigen Aufenthaltes. Meine Organisation begründet dies damit, dass nach einiger Zeit der Alltag eingezogen und das erste Heimweh verflogen ist. Nach einigen Monaten kommt das Heimweh allerdings erfahrungsgemäß nochmal hoch und wenn dann noch in diesem Moment der persönliche und direkte Kontakt mit den Eltern dazukommt gibt es massive Probleme die in der Vergangenheit schon zu einigen kurzfristigen Abbrüchen des Schüleraustausches durch die Jugendlichen führte.

Das muss man sich ja nicht unbedingt geben und da heißt es halt die Zähne zusammenbeißen, so schwer es auch manchmal fällt. Aber da es ja mittlerweile Möglichkeiten wie E-Mail und insbesondere Skype gibt, ist die Möglichkeiten des "Sehens" und Hörens doch irgendwie gegeben. Fehlt nur halt manchmal das in den Arm genommen werden... 

Fortsetzung folgt...

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